Was ist eine Meinung? Ich habe dazu einmal Wikipedia befragt:

(Zitat Wikipedia):

„…Nach einer verbreiteten philosophischen Begriffsverwendung ist das Meinen ein Fürwahrhalten, dem sowohl subjektiv als auch objektiv eine hinreichende Begründung fehlt…“

„…Zu den Konnotationen des Wortes zählt nicht nur Subjektivität und emotionale Einfärbung der Auffassung, sondern auch ein gewisser Gegensatz zum zuverlässigen Wissen und zum gründlichen Durchdachthaben; gelegentlich impliziert das Wort sogar ein Irren…“ (Zitat Ende)

Wir sammeln Informationen, aus denen wir uns eine Meinung bilden. Eine Meinung ist also das Abbild der zum Zeitpunkt der Entstehung der Meinung vorhandenen Informationen.

Kommen neue Informationen dazu, müsste sich die Meinung, die wir uns gebildet haben, möglicherweise verändern.

Eine „Meinung haben“ müsste also ein dynamischer Prozess sein, der sich im Rahmen von Austausch, Information und Debatte entwickelt und verändert.

Eine „Meinung haben“ muss also auch ein gewisses Maß an Reflektion, Hinterfragen, Selbstkritik und Bereitschaft zum Loslassen (der eigenen Meinung) beinhalten. Denn nur mit diesem Hinterfragen entsteht die Bereitschaft die neu gewonnen Erkenntnisse zu verarbeiten und die eigene Meinung zu verändern und gewissermaßen zu optimieren.

Dieser Prozess darf nie enden, da es immer neue Informationen gibt, die zur Meinungsbildung beitragen und der auch den Austausch mit anderen Meinungen beinhaltet.

Denn die Meinung bildet sich nicht nur aus Sachinformationen. Meinung ist auch immer geprägt von Wertvorstellungen, sozialer Beurteilung, eigenen Erfahrungen, eigenen Konzepten.

Meinung scheint mir so etwas wie eine Schablone zu sein durch die wir blicken. Wir sehen einen Ausschnitt, und zwar unseren individuellen.

Andere Menschen haben einen anderen Ausschnitt – eine andere Brille, durch die sie blicken. Und jeder hält den Ausschnitt, den er sieht für die Wahrheit, die Realität.

Was passiert jetzt, wenn Menschen nicht erkennen, dass sie nur einen Teil vom Ganzen sehen, dass es eine ganz persönliche Sichtweise ist und sie nicht bereit oder in der Lage sind ihre Meinung zu hinterfragen?

Diese Menschen werden ihre Meinung nicht ändern. Möglicherweise identifizieren sie sich sogar so stark mit ihrer Meinung, dass sie sich selbst persönlich angegriffen fühlen, wenn sie mit anderen Meinungen konfrontiert werden.

Das ist aus meiner Sicht der Unterschied zwischen eine „Meinung haben“ und eine „Meinung sein“.

Eine „Meinung haben“ lässt Raum für andere Meinungen, für ein Dazulernen, ist ein Abwägen, Anhören, Einordnen, Neubewerten, ist respektvoll, dynamisch und im besten Falle wertschätzend.

Eine „Meinung sein“ hingegen ist ausgrenzend, unachtsam, streitbar, verletzend, eng im Denken.
Diese Einengung passiert nicht nur individuell sondern auch gesellschaftlich.


Was passiert gerade in unserer Gesellschaft?


Wir erleben seit Jahren, dass Meinung „gemacht“ wird – von Politikern, von den Medien, von „Prominenten“ und „Influencern“ in den Social Media-Kanälen.
Diese „Meinung“ wird uns als öffentliche Meinung präsentiert.

Öffentliche Meinung erscheint uns als Konsens, als gemeinsamer Nenner auf den wir uns alle verständigen. Nur wird leider eine Meinung „veröffentlicht“ – diese muss nicht unbedingt der „öffentlichen Meinung“ entsprechen.

Uns wird also eine Brille aufgesetzt, eine Schablone gegeben, durch die wir blicken sollen, die unseren Blick in eine bestimmte Richtung lenken soll. Und diese „Meinung“ wird vehement verteidigt, für wahr gehalten und nicht hinterfragt.
Nicht von den „Meinungsmachern“ und nicht von den Menschen, die diese „veröffentlichte Meinung“ zu ihrer eigenen machen.

An dieser Stelle findet gerade ein Prozess statt, den ich als spaltend erlebe.
Menschen machen sich die veröffentlichte Meinung zueigen – zu ihrer eigenen.
Wenn sie jetzt nicht gewillt oder in der Lage sind, Meinung als einen dynamischen Prozess zu verstehen und in den Dialog und den Austausch gehen, sondern sich mit ihrer Meinung identifizieren – also ihre Meinung „sind“, dann verhärten sich die Fronten.

Und hier – in der Frage der Selbstreflektion, der Fähigkeit sich selbst zu hinterfragen, Diskurs zuzulassen, Meinung zu verändern – genau hier verläuft aus meiner Sicht derzeit die drohende Spaltung der Gesellschaft.
Diese Spaltung findet sich quer durch alle gesellschaftlichen Schichten, durch alle Bildungsschichten und durch alle Gruppierungen – egal ob „Mainstream“ oder „Querdenker.

Was können wir tun, um weiter als Gesellschaft gut – gemeinsam – zu leben, denn nur so kann aus meiner Sicht Gesellschaft funktionieren?

Ich denke, dass sich jeder von uns jeden Tag hinterfragen sollte, ob er eine Meinung hat oder seine Meinung ist.
Wie sehr sind wir alle bereit unsere Meinung loszulassen und zu verändern.

In diesem Sinne – viel Spaß beim Meinung bilden.